
Denken ist gut, Selbstdenken ist besser. Doch weit verbreitet scheint, dass viele Menschen geneigt sind, alles so anzunehmen, wie es vermittelt wird. Doch stimmt alles, was zu vernehmen ist? Aus den Nachrichten? Aus Medien? Aus sozialen Netzwerken? Um diese Frage zu beantworten, müsste man zuerst selbst über die Antworten nachdenken. Keine leichte Aufgabe, weil uns vielfach die Quellen fehlen, um nachzuprüfen, was wahr oder unwahr ist. Leider ist das, was an Informationen bei uns ankommt, nicht selten gefärbt. Und dies macht es der Wahrheit schwer.
Bei diesen Fragen kommt mir der Philosoph Immanuel Kant (1724–1804) in den Sinn, der vor mehr als zweihundert Jahren einen langen Aufsatz veröffentlichte. Er wollte die Frage beantworten, was Aufklärung sei. Bereits der erste Absatz enthält eine plausible Antwort. Sie ist nämlich mehr als die Epoche der Aufklärung, die sich unter anderem gegen Obrigkeitsgläubigkeit und Rechthaberei christlicher Institutionen richtete. Hier der Wortlaut des ersten Absatzes seines Aufsatzes «Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?»:
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
Der gesamte Aufsatz befindet sich in der Gutenberg ‑Rubrik des Spiegel-Magazins. Lang, aber Lesenswert!